Aktuelles
Warnung. Fälschung mit großer
Stückzahl im Umlauf
Das abgebildete Gebilde, angeblich ein Eisenguss,
mit dem falsch zugeschriebenen Titel „Galionsfigur“
von Erich F. Reuter, wurde im November 2019 von dem in Nürnberg
ansässigen Ebayer „R....1“ angeboten. Tatsächlich
handelt es sich um einen Abguss zur „Heiligen Barbara“
WVZ Nr. 170, an dem neben der abgeformten Monogrammierung eine
Auflagen-Nummer VIII/X deutlich erkennbar ist. Eine Gussmarke
des zuständigen Betriebes R. Barth Rinteln fehlt hingegen.
Der letzte uns bekannte und nachweisbar von Barth stammende
Guss wies die Auflage Nr VII/X aus. Mit Sicherheit wurde niemals
ein einziger Guss zu einer figürlichen Arbeit Reuters in
Eisen erstellt. Im Vergleich zu Nr. VII ist der vorliegende
Guss technisch überaus fehlerhaft, ohne jede Nachbearbeitung,
bestimmte Strukturen wurden vom Gussmetall nicht komplett erfasst.
Entweder eine heimliche Nach-Feierabend-Aktion in einem Gussbetrieb
oder jemandes kühner Versuch, sich die höheren Weihen
des Kunstgusses zu erschließen, vielleicht in einer Dorfschmiede
in Osteuropa.
Bleibt die Frage, woher stammte das Modell?
Alle Anschreiben, um „R...1“ dazu zu bewegen, Auskunft
zur Provenienz dieses dubiosen Eisengusses zu erteilen, wurden
ignoriert.
„R...1“ hat dann das wenig ansehnliche
Objekt offenbar losschlagen können, (ohne dass eine Ebay-Bewertung
dafür erscheint). So kommt es dann zu einer noch bizarrer
anmutenden Fortsetzung: In einem Internetshop mit Namen „Antikensammlungonlinezumverkauf“,
der ohne Impressum oder Anbieterkennung irgendwo im großen
Cyberspace unterwegs ist, erscheint folgendes Angebot:
„Original
Alte Eisenskulptur – Miniatur Vorlage „galionsfigur“
– Erich F. Reuter Angenehm Bis Zum Gaumen“
Der Text (und die bemerkenswert hoch aufgelösten
Fotos) stammt wortwörtlich von „R...1“. Der
rätselhafte Nachsatz mit dem „Gaumen“ ist wohl
ein poetischer Einfall des Übersetzungs-Algorithmus. Klingt
irgendwie chinesisch. Man soll wohl die Skulptur in den Mund
stecken, wie einen etwas sperrigen Glückskeks. Von dem
als „Unikat“ beschriebenen Objekt kann man 800 Exemplare
bestellen, zum Schnäppchenpreis von 13,00 €. Ich habe
sofort bestellt, und siehe da: die Lieferung einer solchen Stückzahl
bereitet dem System von „Antikensammlungonlinezumverkauf“
keine Probleme.
Für die weiteren Ermittlungen wird sich
wohl eine Anzeige bei der Internetwache der Berliner Polizei
empfehlen. Die Firma ist bereits gut bekannt, allerdings bislang
nicht im Kunstmarkt unterwegs, sodass sich weitere Nachforschungen
auf die Rolle des zuvor mit dem Objekt befassten Händlers
erstrecken sollten.
Suchanfrage
Juli 2019
WVZ 21 „Unbekannter politischer
Gefangener“
Im kommenden Sommer eröffnet im Kunsthaus
Dahlem eine Ausstellung zum „Wettbewerb für das Denkmal
des Unbekannten Politischen Gefangenen“. Durch die
Teilnahme an der Endausscheidung gelangte Erich F. Reuter 1953
in die Gruppe international wahrgenommener Künstler. Auch
dank des trotzigen Bestehens auf einer rein gegenständlichen
Konzeption, die dieses Thema förmlich zu erzwingen scheint
(was jedoch nur von einer Minderheit der Teilnehmer so verstanden
wurde). Rückblickend ein Schlüsselwerk in Reuters
Schaffen.
Daher ein Appell: Für diese in jeder
Hinsicht hochinteressante Ausstellung wird dringend ein Exemplar
in Originalgröße als Leihgabe erbeten.
Kontakt: akarpen@freenet.de
oder direkt an Kunsthaus Dahlem
Käuzchensteig 8, 14195 Berlin
Achtung Fälschung
März 2018
Ebay-Angebot
„Bronzebüste
Johann Sebastian Bach von Erich F. Reuter“
Der abgebildete Bronzekopf ruht auf einem
vorderseitigen Schild mit reliefartigem bekleideten Hals- und
Brustausschnitt ohne Schulterpartie, der unten mit einer horizontalen
Platte zur Befestigung verbunden ist. Bei Reuter hingegen kommt
im gesamten etwa 50 Stücke umfassenden Portrait-Oeuvre
kein einziges Mal ein Hals- und Brustansatz bei einem der Köpfe
vor, nicht einmal in den Anfangsjahren. Eine „Büste“
wäre absolut untypisch.
Lustig ist die „Signatur“ am Hinterhaupt.
Sie lautet „Erich“ in Druckbuchstaben, nichts weiter.
Kein Künstler der letzten Jahrhunderte hat jemals
ausschließlich mit dem Vornamen signiert. Es dürfte
sich um eine bei R. Barth bestellte Replik zu einer der unzähligen
in Deutschland stehenden Bachbüsten aus dem 19. Jhdt. handeln,
evtl. zum 200. Todestag. In welchem Zusammenhang zu dem rätselhaften
„Erich“ dieser Guss angefertigt wurde, ist bislang
ungeklärt.
Die bei Ebay als kommerzielle Kunsthändlerin
akkreditierte Dame in Meck-Pomm weigerte sich zunächst,
die per Falschzuschreibung angebotene Fälschung zurückzuziehen,
trotz der Proteste aus Berlin. Der falsche Reuter wird inzwischen
auch in Frankreich angeboten. Die kühne Limitforderung
von 3.800 € unterstreicht, dass es sich hier nicht um eine
Petitesse handelt. Die URL verweist nach wie vor auf „Erich
F. Reuter"
Ganz kategorisch: Es handelt sich beim Schöpfer
dieses Versteigerungsobjekts um einen unbekannten Künstler,
mit absoluter Sicherheit nicht um Erich F. Reuter.
A. K. März 2018
Dass Reuters Schaffen vor vielen Jahrzehnten
Museumswürde erlangt hat, ist unter den Kunstfreunden hierzulande
weitgehend unbekannt.
Der „Seated Man“ im Busch-Reisinger-Museum
in Harvard/USA ist die eine der beiden Sitzfiguren in Reuters
„Gespräch“. Die einstige Galerie Weyhe in New
York hatte die Arbeit von der Gießerei Barth bestellt.
Stifterin ist eine Mrs. Irving M. Sobin. Der Verbleib des Gesprächspartners
ist ungeklärt, möglicherweise ist er schon bei der
Schiffspassage 1960 eigene Wege gegangen. Das Kuratorium des
Museums wird von uns wunschgemäß kontaktiert.
Vielleicht kann die Anschaffung einer kompletten Version der
Arbeit in 27,3 cm Höhe nahegelegt werden. Für diesen
Fall würden wir zwei Referenzstücke aus hiesigen Quellen
benötigen.
Achtung! Auch Bildhauer werden gefälscht.
Auch bei plastischen Arbeiten werden vorsätzlich
falsche Zuschreibungen, mit oder ohne Versuch einer stilistischen
Nachahmung, urheber- und strafrechtlich nicht anders behandelt
als Kunstfälschungen in Form einer Kopie, sofern sie
in den Handel gebracht werden.
Ein Berliner Auktionshaus hatte im vergangenen
Jahr ein Objekt erfolgreich in Verkehr gebracht, das fälschlich
E. F. Reuter zugeschrieben wurde, trotz Protest von unserer
Seite, mutwillig und wider besseres Wissen. Die in Friedenau
ansässige Firma wurde daraufhin von uns rechtskräftig
abgemahnt.
Die Zuschreibung galt einem nichtssagenden
und uninspirierten Machwerk aus Gips, das nicht die geringste
Ähnlichkeit mit Arbeiten Reuters hat, zu allem Überfluss
auch noch mehrfarbig angepinselt ist. Auf der Rückseite
mit blaufarbigem Gummistempel appliziert eine Inschrift „Professor
Erich Reuter“ nebst Adresse, vom Auktionator vollmundig
als „Künstlerstempel“, und damit Beleg für
Authentizität, qualifiziert. (Künstlerstempel
anstelle einer geprägten oder geritzten Signatur sind
auf Werken der Bildhauerei völlig unüblich). In Berlin
kann man demnach auf Auktionatoren stoßen, die einem angesehenen
Künstler zutrauen, dass er seine Signatur mit einem Professorentitel
aufpeppt. Haarsträubend.
Das Gebilde hat Maße von 15 x 20 cm.
Eine Abbildung an dieser Stelle würde das Machwerk zusätzlich
adeln, was nicht in unserem Sinne wäre. Die Listung bei
Artprice.com wurde gelöscht. Andernorts existieren noch
Abbildungen im Netz mit der falschen Zuschreibung.
Eine überaus traurige Nachricht: Unser
Herausgeber und Mitinitiator zu dieser Publikation, Dr.
Eicke Wolfgang Kornhass (geb. 1940 in Thüringen),
hat uns am 26. 06. 2011 verlassen. Von Hause war er Germanist,
Philosoph, Historiker – und auch begnadeter Satiriker
– vor allem aber ein guter und langjähriger Freund
des Autors. Das Ausmaß des Verlustes dieses Menschen ist
unsagbar. An dieser Stelle nur so viel: Ohne seine großzügige
Unterstützung und seine unschätzbare Mitwirkung als
Lektor und guter Kenner von Person und Œuvre Erich F. Reuters
hätten wir dieses Buch schwerlich so zustande gebracht.
Wir bemühen uns bei der fortlaufenden Publikation, uns
weiterhin vom Geiste und von den Intentionen dieser Verlegerpersönlichkeit
leiten zu lassen.
Andreas Karpen
Wiederbegegnung mit der Tänzerin von 1950:
Reuters erste bekannte Darstellung einer
Tänzerin des klassischen Balletts entstand
1950 und war noch als Tonmodell in Ulrich Gertz „Plastik
der Gegenwart“ abgebildet. Der einzige bekannte Bronzeguss
wurde 1960 in Hannover und 1966 in Lausanne ausgestellt. Über
das weitere Schicksal war dann nichts mehr bekannt. Die Bronze
tauchte dieses Jahr in einer Sammlung in Würzburg wieder
auf und wurde dem Nachlass zur Beurteilung vorgestellt. Das
Gussmodell war dort noch vorhanden, wenn auch nur in schlechter
Verfassung. Die Wiederbegegnung mit einem kunstgeschichtlich
bedeutsamen Frühwerk Reuters in gepflegtem Zustand (siehe
Abb.) hat uns gefreut. |